Mittwoch, 28. März 2012

Der entfernte Freibauer im Turmendspiel


Ein Klassiker für diese Art von Endspielen ist diese Position aus dem Wettkampfmatch




Aljechin – Capablanca
(New York 1927)
34. Partie


Für Beide stand sehr viel auf dem Spiel. Aljechin führte bereits mit 5:3 und war nur noch ein Sieg vom Gesamtsieg entfernt. Würde er hier schon sein Ziel erreichen?
Oder Capablanca durch kluge Verteidigung die Partie Remis gestalten und den Wettkampf offen halten können. Und überhaupt. Ist das ein theoretisch gewonnenes Endspiel oder doch vielleicht ein Remisendspiel? 

Geht man von der allgemeinen Regel: Der Turm gehört hinter den Freibauern! aus, so müssten die weißen Aktien eigentlich gut stehen.
 
1. Kf3 Ke5 2.Ke3 h5
 
Schwarz beschränkt sich erst einmal darauf den Radius des weißen Königs zu beschränken. Der darf unter keinen Umständen nach b5 gelangen, von wo aus er den Vormarsch des a-Bauern unterstützen könnte.

3. Kd3 Kd5 4. Kc3 Kc5




Für den Moment scheint es so, als ob Schwarz alles kontrollieren könnte.. Der Turm hält den a-Bauern und der König seinen weißen Gegenspieler. Aber der Eindruck täuscht
 
5. Ta2!
 
An sich ein recht einfacher und logischer Zug. Aber einer mit immenser Wirkung!
Denn nun befindet sich Schwarz plötzlich im Zugzwang. Er würde gerne auf sein Zugrecht
verzichten, muss aber ziehen.
 
5. ... Kb5
(5. ... Kd5? 6. Kb4 Kc6 7. Kc4)
 
Schwarz gibt gezwungenermaßen die Königsopposition auf. Damit wird der Weg
zum Königsflügel für den weißen König frei!
 
Weder Turm- noch Bauernzüge wären eine Alternative gewesen. Bei einem Turmzug
rückt der a-Bauer sofort weiter vor. Und bei schwarzen Bauernzügen pendelt der
weiße Turm solange zwischen a1 und a2 hin und her, bis sich die Bauern fest
gelaufen haben.
 
6.Tb2+ Kc5 ( 76 ... Kxa5? 7. Ta2+ Kb5 8. Txa6 Kxa6 9. Kd4 Kb6 10. Ke5!+-Der König räumt am Königsflügel dieBauern ab) 7. Ta2 Kb5
 
Eigentlich ein überflüssiges Intermezzo, was möglicherweise der Zeitnot geschuldet
war. 




9. Kd4!
 
Nun wandert der König zu den schwarzen Bauern.
 

9. ... Td6+ 10. Ke5 Te6+ 11. Kf4 Ka6





Capablanca gibt sein Bestes. Jetzt hat der König die Blockade des a-Bauern übernommen. Aber wird der Turm mit dem eindringenden König fertig werden? Und was ist, wenn später auch noch der weiße Turm zur Hilfe herbei eilt?
 

12. Kg5! Te5+ 13. Kh6 Tf5 14. f4!
 

Dies entlastet den weißen Turm und schränkt die Bewegungsfreiheit des schwarzen
Turmes auf der f-Linie ein
 

14. ... Tc5 15. Ta3!
 

Schützt erst einmal den g-Bauern vor dem Gegenangriff Tc3. Soviel Zeit muss sein!
 

15. ... Tc7 16. Kg7 Td7 17. Kf6! Tc7

 
 

Nun ist alles bereit für den entscheidenden Durchbruch
18. f5!
 
Jetzt bricht die schwarze Bauernkette auseinander.
 
18. ... gxf5 19. Kxf5 Tc5+ 20. Kf6 Tc7 21. Tf3!
 
Der Turmschwenk im richtigen Moment bringt nun die Entscheidung.
 
21... Kxa5 22. Txf5! Kb6 23. Txh5 Tc3 24. Tg5

Das Schlussbild jenes recht langen Wettkampfes. Hier gab Capablanca angesichts der
nicht mehr zu stoppenden h-Bauern auf und gratulierte Aljechin zum
Weltmeistertitel!

Freitag, 9. März 2012

Wanderlust!

Im folgenden Endspiel begibt der weiße König sich auf Wanderschaft





1. f4!

Ein vorübergehendes Bauernopfer!

1.  ... exf4 2. Kh4!

Hier greift die alte Regel: Steht der König rechts oder links drei Felder von einem Bauern entfernt und ist am Zug, so erobert er ihn meist auch

2. ... f3 [ 2. ... Ke6 3. Kg4 Ke5 a4! (Tempozug) und der f4-Bauer geht verloren]

3. Kg3 f2 4. Kxf2 Kf4




Nun hätte der schwarze König ja eigentlich die Opposition, aber ...

5. Ke2

Der weiße König begibt sich auf Wanderschaft! (Umgehung)

5. ... Kg3 ( Ke5, das Mitwandern auf den anderen Flügel würde auch nicht helfen) 6. Kd1 Kf2 7. Kc2 Ke2


 8. a4!

Weiß spielt ein Reservetempo aus, um den schwarzen König aus der horizontalen Opposition und damit weg vom Siegbauer d3 zu bringen

8. ... Ke1 9. Kb3 Kxd2 10. Kc4 Ke3

 
 11. a5!

Der zweite Doppelbauer und das zweite Resevetempo entscheidet den Tag. Nun geht der d-Bauer und somit die Partie verloren

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